Deutschland hat über 500.000 Wohnungen mehr als bisher gedacht
Die Ergebnisse der aktuellen Volkszählung sind überraschend und sorgen für politischen Zündstoff.
Weniger Einwohner, aber mehr Wohnungen
Deutschland hat nicht nur 1,6 Million Einwohner weniger als bisher gedacht. Es gibt auch 523.000 Wohnungen mehr als bisher vermutet. Sind die Probleme auf dem Wohnungsmarkt damit kleiner als durch die Medien suggeriert wird? Gibt es doch genügend Wohnraum für alle?
Zunächst zu den Fakten: Das Wohnungswunder findet nur im Westen der Republik statt während im Osten die Wohnungsanzahl gegenüber den bisherigen Planzahlen abnahm. Die meisten neuen Wohnungen wurden in Nordrhein-Westfalen von den Volkszählern gefunden (+202.000), gefolgt von Baden-Württemberg (+78.000) und Bayern (+65.000). In Berlin sank die Wohnungsanzahl dagegen um 29.000 Wohnungen.
Mieterbund sieht weiter Wohnungsmangel
Der jüngste Anstieg der Immobilienpreise in Berlin sei laut Deutschem Mieterbund (DMB) vor allem auf einen Wohnungsmangel zurückzuführen. Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes Ulrich Ropertz stellt klar: “In Großstädten fehlen nach wie vor 250.000 Wohnungen. Das Angebot hält mit der Nachfrage nicht Schritt”. Die aktuellen Zahlen hält er nur für bedingt aussagekräftig, da sie insbesondere den Effekt der Zuwanderung in den letzten 2 Jahren nicht widergeben. Zudem sei es falsch, den Wohnungsbedarf aus der Anzahl der Einwohner abzuleiten. Die Zahlen zu der Entwicklung der Haushalte würden aber erst 2014 nachgereicht.
Zu wenig Neubauten und schlechte Wohnungsqualität
Die Zensus-Zahlen belegen, dass immer weniger neue Wohnungen in Deutschland entstehen. So wurden von den derzeit 41,3 Mio. Wohnungen etwa 70% vor 1979 erbaut. Seit 2009 sind nur knapp 400.000 Wohnungen dazugekommen. Die Qualität der bundesdeutschen Wohnungen lässt gemäß der Zensus-Befragung zu wünschen übrig: So fehlen bei 680.000 Wohnungen in Deutschland Toilette oder Dusche/Bad. Und 330.000 Wohnungen haben weder Toilette noch Dusche.
Weitere Erkenntnisse der Erhebung
Die Studie liefert noch eine Reihe weiterer Erkenntnisse, z.B. warum der Verkehrswert einer 4-Zimmer-Wohnung in Hamburg oder Berlin überproportional hoch ist. So sind die Wohnungen in Hamburg und Berlin im Vergleich zu allen anderen Bundesländern am kleinsten. Es gibt in diesen beiden Städten vor allem 2- und 3-Zimmer-Wohnungen, während die durchschnittliche Wohnung in Deutschland 4,4-Zimmer hat und nach Wohnflächenberechnung 90 qm groß ist. Ebenfalls interessant: Noch immer wohnen mehr als die Hälfte aller Haushalte in Mietwohnungen (52%). Auch hier ist die Situation vor allem in Hamburg und Berlin extrem. Nur 24,1% der Wohnungen werden in Hamburg durch den Eigentümer bewohnt. In Berlin sogar nur 15,6%.