Erbe ausschlagen: Frist, Kosten & Ausschlagungserklärung
Es gibt Situationen, in denen es vorteilhaft sein kann, wenn Sie ein Erbe ausschlagen. Dies gilt vor allem bei hohen Schulden, die den Nachlass zu einer Belastung machen. Hier erfahren Sie, wie Sie Ihr Erbe ausschlagen können, was Sie dabei beachten müssen und geben Ihnen ein Muster einer Ausschlagungserklärung mit.
Tipp: Sie haben eine Immobilie geerbt und denken darüber nach, das Erbe auszuschlagen? In unserem kostenlosen Ratgeber "Immobilie erben" erhalten Sie alle wichtigen Informationen rund um das Thema in einer nützlichen Zusammenfassung - inklusive Praxistipps!
Das Wichtigste in Kürze
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Die Erbausschlagung ist frist- und formgebunden. Im Normalfall müssen Sie sich innerhalb von 6 Wochen entscheiden.
- Vor der Entscheidung sollten Sie den Nachlass vollständig prüfen. Beschränken Sie die Haftung alternativ per Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz.
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Pflichtteil entfällt meist bei Ausschlagung; Ausnahmen für Ehegatten und beschränkte oder beschwerte Erben.
Direkt zum Wunschthema
- Wie kann ich das Erbe ausschlagen?
- Welche zeitlichen Fristen muss ich bei der Erbausschlagung beachten?
- Erbe ausschlagen: Welche Kosten müssen einkalkuliert werden?
- Gründe für die Erbausschlagung: In welchen Fällen ist das sinnvoll?
- Wie finde ich heraus, was der Nachlass enthält?
- Welche Auswirkungen auf die Erbfolge hat die Erbausschlagung?
- Erbe ausschlagen: Belastungen auf Immobilie klären
- Erbe ausschlagen für ein minderjähriges Kind: Welche Vorschriften gelten?
- Hat man bei der Ausschlagung des Erbes einen Anspruch auf den Pflichtteil?
- Gibt es Alternativen zur Erbausschlagung?
- Kann man die Erbausschlagung rückgängig machen?
1. Wie kann ich das Erbe ausschlagen?
Schnell-Check: Sie können ihr Erbe beim Gericht oder notariell ausschlagen: Fristgebunden, persönlich und bedingungslos.
Wer ein Erbe nicht annehmen möchte, kann es innerhalb kurzer Fristen ausschlagen. Das geht auf zwei Wegen:
- Direkt beim zuständigen Nachlassgericht (letzter Wohnsitz des Erblassers)
- Über einen Notar, der die Erklärung an das Gericht weiterleitet.
- Wichtig: Die Erklärung muss formwirksam abgegeben werden und darf keine Bedingungen enthalten.
Achtung: Beerdigungskosten trotz Erbausschlagung
Die Ausschlagung beendet Ihre öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht nicht. Nahe Angehörige wie Kinder oder Eltern müssen die Beerdigungskosten nach Landesrecht auch dann tragen, wenn sie das Erbe ausschlagen. Geschwister sind nur dann verpflichtet, wenn keine näheren Verwandten gibt. Sind Nachlassmittel vorhanden, können die Kosten daraus erstattet werden.
Erbe ausschlagen: So gehen Sie vor
- 1. Frist prüfen
Die Ausschlagung muss innerhalb von 6 Wochen erfolgen. Bei Auslandsbezug sind es 6 Monate. Zählen Sie ab dem Zeitpunkt, an dem Sie vom Erbfall und Ihrer Erbenstellung erfahren haben.
- 2. Zuständigkeit klären und Termin vereinbaren
Vereinbaren Sie einen Termin beim Nachlassgericht oder beim Notar. Das Gericht ist in der Regel kostengünstiger. Der Notar lohnt sich bei weiter Anreise oder engem Zeitfenster.
- 3. Unterlagen zusammenstellen
Halten Sie folgende Unterlagen für die Erbausschlagung bereit:
- Personalausweis
- Sterbeurkunde
- Testament/Eröffnungsprotokoll oder ein Aktenzeichen (falls vorhanden)
Das erleichtert die Zuordnung Ihres Falls.
- 4. Ausschlagungserklärung abgeben
Geben Sie die Ausschlagung zur Niederschrift beim Gericht oder notariell beglaubigt ab. Eine einfache schriftliche Mitteilung genügt nicht.
- 5. Bestätigung sichern
Lassen Sie sich den Eingang bzw. das Protokoll geben und bewahren Sie es auf. So können Sie die fristgerechte Ausschlagung belegen.
- 6. Bis zur Entscheidung nichts verfügen
Nehmen Sie keine Verfügungen über Nachlasswerte vor (z. B. Verkauf, Entnahme). Sonst kann dies als konkludente Annahme gewertet werden. Ihre Erbschaftsausschlagung wäre damit hinfällig.
Form und Inhalt der Ausschlagungserklärung
Die Ausschlagung gilt immer für den gesamten Erbteil und ist ohne Bedingungen zu erklären. Eine teilweise Ausschlagung ist unwirksam. Beim Nachlassgericht können Sie die Ausschlagungserklärung „zur Niederschrift“ abgeben. Der Notar fertigt auf ihren Wunsch hin ebenfalls eine entsprechende Erklärung an.
immoverkauf24 Tipp
Sie haben geerbt und wollen das Erbe ausschlagen? Unser Formular zeigt, wie das dazugehörige Schreiben aussieht. Unser kostenloses Muster Ausschlagungserklärung dient jedoch nur der Veranschaulichung und ersetzt nicht den fachlichen Rat, den Sie in solchen Fällen einholen sollten.
2. Welche zeitlichen Fristen muss ich bei der Erbausschlagung beachten?
Schnell-Check: Die Frist für die Erbausschlagung beträgt 6 Wochen (bei Auslandsbezug 6 Monate).
Das deutsche Erbrecht lässt Angehörigen kaum Zeit, sich umfassend über den Nachlass des Verstorbenen zu informieren. Wollen Sie das Erbe ausschlagen, beträgt die Frist gerade einmal sechs Wochen.
Bis zu 6 Monate Zeit räumt der Gesetzgeber Erben nur in zwei Fällen ein:
- Der Verstorbene lebte im Ausland.
- Der Erbe hielt sich zum Zeitpunkt des Erbfalls im Ausland auf.
Erbe ausschlagen: Wann beginnt die Frist?
Die Frist zur Erbausschlagung beginnt mit dem Tag, an dem Hinterbliebene erfahren, dass sie Erbe geworden sind. Dieser Stichtag führt oft zu Problemen, da es auch Fälle gibt, in denen Angehörige gar nicht ahnen, dass sie Erbe geworden sind.
Liegt ein Testament vor und wurden auch Personen bedacht, die nicht mit dem Erblasser verwandt sind, beginnt die Frist mit dem Tag der Testamentseröffnung durch das Nachlassgericht. Der Grund: Vorher konnte der Erbe nicht wissen, dass er vom Erblasser bedacht wurde.
Achtung!
Eine rückwirkende Ausschlagung des Erbes ist nicht möglich!
3. Erbe ausschlagen: Welche Kosten müssen einkalkuliert werden?
Schnell-Check: Gericht meist günstiger als Notar; Gebühren nach GNotKG, abhängig von Wert und Form.
Die Gebühren für eine Erbausschlagung richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und dem maßgeblichen Geschäftswert. Je nach Vorgehen (Nachlassgericht oder Notar) unterscheiden sich Aufwand, Gebührenart und Nebenkosten.
Kurzdefinition des Geschäftswerts bei einer Erbausschlagung
Unter dem Geschäftswert versteht das GNotKG den Wert Ihres Erbteils abzüglich aller Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Erklärung. Ist der Nachlass negativ, reduziert das regelmäßig die Kosten (Mindestgebühren).
Beim Nachlassgericht wird normalerweise eine 0,5-fache Gebühr nach Tabelle B des GNotKG berechnet. Ist der Nachlass überschuldet, müssen Sie nur die Mindestgebühr von 30 Euro bezahlen.
Welche Kosten bringt eine Erbausschlagung über den Notar mit sich?
Entweder beglaubigt der Notar Ihre Unterschrift (oft günstiger) oder beurkundet die Erklärung vollständig. Bei Beurkundung fällt typischerweise ebenfalls eine 0,5-Gebühr (Tabelle B) an; hinzu kommen Auslagen und Umsatzsteuer.
Position |
Beurkundung – Geschäftswert 2.000 € |
Beurkundung – Geschäftswert 100.000 € |
Unterschrifts-beglaubigung (KV 25100, Beispiel: Mindestgebühr) |
Geschäftswert (netto) |
2.000 € |
100.000 € |
– |
Notargebühr |
30,00 € (0,5 Tabelle B, mind. 30,00 €) |
136,50 € (0,5 Tabelle B) |
20,00 € (mind. 20,00 €) |
Pauschale Post/Telekommunikation |
6,00 € (20 % von 30,00 €) |
20,00 € (Deckel) |
4,00 € (20 % von 20,00 €) |
Zwischensumme netto |
36,00 € |
156,50 € |
24,00 € |
Umsatzsteuer (19 %) |
6,84 € |
29,74 € |
4,56 € |
Gesamt (ohne Dokumentenpauschalen) |
42,84 € |
186,24 € |
28,56 € |
4. Gründe für die Erbausschlagung: In welchen Fällen ist das sinnvoll?

Die Gründe für eine Erbausschlagung sind vielfältig. Letztlich lohnt sich dieser Schritt immer dann, wenn die Annahme des Erbes mit Nachteilen verbunden ist und die Vorteile diese nicht ausgleichen.
Folgende Aspekte sprechen in der Regel dafür, das Erbe auszuschlagen:
- Der Nachlass ist überschuldet. In diesem Fall würden Sie nur Schulden erben.
- Der Nachlass besteht überwiegend aus einer Immobilie, die aufwändig saniert werden müsste, um sie weiter nutzen zu können. Möchten Sie als Erbe diesen Aufwand nicht finanzieren, bietet sich folgende Alternative: Sie können nach Annahme des Erbes die sanierungsbedürftige Immobilie verkaufen.
- Der Erbe ist selbst hoch verschuldet oder befindet sich sogar in der Privatinsolvenz. Dies kann dazu führen, dass der Nachlass an die Gläubiger fällt. Bei Ausschlagung des Erbes würde der Nachlass an den nächsten Angehörigen gemäß gesetzlicher Erbfolge gehen und er würde in der Familie bleiben.
Erbe ausschlagen und Pflichtteil: Das sollten Sie beachten!
Üblicherweise verlieren pflichtteilsberechtigte Erben ihren Anspruch auf den Pflichtteil, wenn sie die Erbschaft ausschlagen. Es gibt jedoch zwei Ausnahmen, die es ermöglichen, das Erbe auszuschlagen und dennoch den Anspruch auf den Pflichtteil geltend zu machen:
- Ihre Erbenstellung ist beschränkt oder beschwert (§ 2306 BGB)
- Sie erhalten nur ein Vermächtnis. Dieses dürfen Sie ausschlagen und stattdessen den Pflichtteil fordern (§ 2307 BGB).
5. Wie finde ich heraus, was der Nachlass enthält?
Schnell-Check: Unterlagen aus dem Nachlass sichten, Grundbuch/Banken mit Erbnachweis anfragen, Fristen strikt beachten.
Nach einem Todesfall zählen Tempo und Systematik: Sie brauchen rasch Klarheit über Vermögen und Schulden, um fundiert über Annahme oder Ausschlagung zu entscheiden.
So gehen Sie vor
- Schritt 1: Testament/Erbvertrag prüfen
Sichten Sie letztwillige Verfügungen und das Eröffnungsprotokoll. Das liefert erste Hinweise auf Vermögenswerte und Quoten.
- Schritt 2: Vollmachten nutzen
Ohne Erbschein oder notarielles Testament mit Eröffnungsprotokoll geben Ihnen die meisten Stellen keine Auskunft. Da die Beantragung eines Erbscheins jedoch als Annahme des Erbes gewertet wird, müssen Sie darauf verzichten. Liegt eine über den Tod hinausgehende Kontovollmacht vor, nutzen Sie diese für entsprechende Auskünfte.
- Schritt 3: Grundbuchauszug für Immobilie im Nachlass anfordern
Mit einem Testament als Erbnachweis erhalten Sie einen aktuellen Auszug, der Ihnen Aufschluss über folgende Daten einer etwaigen Immobilie gibt:
- Eigentumsverhältnisse
- auf dem Grundstück lastende Grundschulden
- andere Belastungen
Diese Zahlen sind zentral für die Wertermittlung.
- Schritt 4: Banken und Versicherungen anschreiben
Fragen Sie Konten, Depots, Kredite, Sparverträge und Policen bei Banken und Versicherungen ab. Wichtig sind auch laufende Darlehen und offene Lastschriften. Einblick erhalten Sie entweder mit einer über den Tod hinausgehenden Kontovollmacht oder mit einem notariellen Testament.
- Schritt 5: Unterlagen des Erblassers sichten
Durchsuchen Sie Ordner, E-Mails und digitale Postfächer. Richten Sie einen Nachsendeauftrag ein, um neue Post (z. B. Kontoauszüge) zu erhalten.
- Schritt 6: Verbindlichkeiten erfassen
Notieren Sie Kredit- und Steuerschulden, offene Rechnungen, Pflege-/Heimkosten sowie Beerdigungsvorschüsse. So sehen Sie, ob der Netto-Nachlass positiv ist. Sind entsprechende Unterlagen nicht auffindbar, müssen eventuell auch andere Verwandte und Bekannte befragt werden, die weitere Auskünfte geben können.
- Schritt 7: Sonderfälle identifizieren
Prüfen Sie Schließfächer, Firmenbeteiligungen, Pfändungen, Mietkautionen. Dokumentieren Sie Befunde und holen Sie bei Bedarf fachlichen Rat ein.
Immoverkauf24 Tipp: Erbnachweis / Vollmacht
Ohne Erbschein oder notarielles Testament mit Eröffnungsprotokoll sind Auskünfte häufig gesperrt. Passende Vollmachten erleichtern Ihnen die Bankkontakte.
6. Welche Auswirkungen auf die Erbfolge hat die Erbausschlagung?
Schnell-Check: Bei Erbausschlagung rücken die nächsten gesetzlichen Erben nach. Lehnen alle ab, erbt der Staat.
Entscheidet sich ein Angehöriger, sein Erbe auszuschlagen, hat dies Konsequenzen für andere Angehörige des Erblassers: So rückt der nächste Angehörige in der gesetzlichen Erbfolge an seine Stelle.
Beispiel für die veränderte Erbfolge bei einer Erbausschlagung
Schlägt beispielsweise das Kind eines alleinstehenden Elternteils sein Erbe aus und hat es keine Nachkommen, ginge der Erbanspruch gemäß gesetzlicher Erbfolge auf die Eltern des Kindes über. Handelt es sich um ein überschuldetes Erbe, kann die Erbausschlagung daher zu einem Kaskadeneffekt führen, an dessen Ende ein entfernter Verwandter des Erblassers steht. Schlägt auch der letzte Angehörige gemäß gesetzlicher Erbfolge das Erbe aus, fällt es an den Staat. Dieser wird dann Schlusserbe.
7. Erbe ausschlagen: Belastungen auf Immobilie klären
Schnell-Check: Grundbuch mit Erbnachweis (Testament) prüfen. Höhe der Grundschuld entspricht oft nicht dem Schuldenstand.
Inwieweit eine Immobilie im Nachlass mit Schulden belastet ist, lässt sich anhand des Grundbuchauszugs klären, den Sie beim Grundbuchamt anfordern können. Gegen Vorlage eines notariellen Testaments oder eines Erbscheins ist es möglich, das Grundbuch einzusehen.
Achtung!
Erben sollten auf keinen Fall voreilig einen Erbschein beantragen, da dies automatisch zur Annahme des Erbes führt. Das notarielle Testament mit Eröffnungsprotokoll reicht völlig aus.
Der Grundbuchauszug enthält Angaben zu Rang und Höhe eingetragener Grundschuld. Allerdings sollte die Höhe der Grundschuld noch einmal anhand aktueller Kontoauszüge geprüft werden, denn die tatsächliche Restschuld kann mittlerweile deutlich niedriger sein, wenn der Erblasser bereits einen Großteil des Hypothekendarlehens getilgt hat.
Der Grund: Der Grundschuldeintrag bleibt so lange im Grundbuch vermerkt, bis der Immobilienkredit vollständig getilgt ist und bei der finanzierenden Bank kein Antrag auf Löschung der Grundschuld gestellt wurde.
8. Erbe ausschlagen für ein minderjähriges Kind: Welche Vorschriften gelten?
Schnell-Check: Eltern erklären Erbausschlagung der Kinder mit Familiengerichtsgenehmigung. Ausnahme: Kettenausschlagung nach § 1643 BGB.
Minderjährige können nicht selbst ihr Erbe ausschlagen. Das übernehmen die sorgeberechtigten Eltern. Grundsätzlich gilt: Für die Ausschlagung ist nach § 1643 Abs. 1 BGB eine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich.
- Wichtig: Beachten Sie die Frist von 6 Wochen, bei Auslandsbezug 6 Monate. Klären Sie deshalb die Genehmigung frühzeitig.
Besteht ein Interessenkonflikt (z. B. Eltern und Kind erben gemeinsam oder die Eltern sind sich uneinig über die Erbausschlagung), kann das Gericht einen Ergänzungspfleger bestellen. Die Erklärung erfolgt zur Niederschrift beim Nachlassgericht oder notariell mit Weiterleitung an das Gericht.
Ausnahme: Nicht immer ist eine Genehmigung des Familiengerichts nötig
Die Pflicht zur Genehmigung entfällt laut § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB, wenn das Kind erst durch die Ausschlagung eines Elternteils Erbe wird.
9. Hat man bei der Ausschlagung des Erbes einen Anspruch auf den Pflichtteil?
Schnell-Check: Pflichtteil entfällt bei Erbausschlagung meist. Ausnahmen: Ehegatte, Beschwerung und Vermächtnis.
Wenn Sie als Erbe eingesetzt sind und ohne besonderen Grund das Erbe ausschlagen, haben Sie im Normalfall keinen Pflichtteilsanspruch. Ein Pflichtteil entsteht typischerweise nur, wenn ein Berechtigter von der Erbfolge ausgeschlossen ist.
Es gibt aber trotzdem Ausnahmen:
Ausnahme 1: Ehegatte bei Zugewinngemeinschaft (§ 1371 Abs. 3 BGB)
Der Ehegatte kann ausschlagen und stattdessen den Zugewinnausgleich und den sogenannten kleinen Pflichtteil verlangen. Das ist sinnvoll, wenn der tatsächliche Zugewinn voraussichtlich höher ist als der pauschale Viertelzuschlag nach § 1371 Abs. 1 BGB.
Ausnahme 2: Beschränkter oder beschwerter Erbe (§ 2306 BGB)
Ist der Erbe durch Nacherbfolge oder Testamentsvollstreckung beschränkt oder durch Vermächtnis oder Auflagen beschwert, darf er ausschlagen und den Pflichtteil verlangen. Eine bloße Teilungsanordnung genügt hierfür in der Regel nicht.
Ausnahme 3: Vermächtnis statt Erbeinsetzung (§ 2307 BGB)
Sind Sie pflichtteilsberechtigt und erhalten nur ein Vermächtnis, können Sie nach § 2307 Abs. 1 BGB das Vermächtnis ausschlagen und den vollen Pflichtteil verlangen. Nehmen Sie das Vermächtnis an, wird dessen Wert auf den Pflichtteil angerechnet.
10. Gibt es Alternativen zur Erbausschlagung?
Vielfach wird das Erbe ausgeschlagen, weil die Erben befürchten, für einen überschuldeten Nachlass einstehen zu müssen. Doch es kann auch sein, dass nach Abzug der Schulden doch noch etwas für die Erben übrigbleibt. Dann wäre es unklug, das Erbe auszuschlagen. Was können Erben dann tun? Das Erbrecht ermöglicht in solchen Fällen eine begrenzte Haftung:
Möglichkeit 1: Das Erbe durch eine Nachlassverwaltung ordnen lassen
Erben können beim zuständigen Gericht die Anordnung der Nachlassverwaltung beantragen, der das Erbe ordnet und dafür sorgt, dass vorhandene Schulden aus dem Nachlass bezahlt werden. Hierfür werden Gebühren fällig. Der Vorteil: Erben müssen gemäß § 1975 BGB nicht mit ihrem Vermögen für Schulden des Erblassers haften und profitieren davon, dass gegebenenfalls noch etwas vom Nachlass für sie übrigbleibt.
Möglichkeit 2: Nachlassinsolvenzverfahren beantragen
Wurde das Erbe angenommen und stellt sich später heraus, dass der Nachlass überschuldet ist, muss gemäß § 1980 BGB unverzüglich die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens beantragt werden. Es ist zwar teuer und aufwändig, doch es lohnt sich für die Erben, da sie dann nicht für die Schulden des Erblassers einstehen müssen.
immoverkauf24 Tipp
Sie haben möglicherweise einen überschuldeten Nachlass geerbt und es zeichnet sich ab, dass der Aufwand für ein Nachlassinsolvenzverfahren zu hoch ist? Dann sollten Sie trotzdem einen Antrag auf Nachlassverwaltung stellen oder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen.
Lehnt das Gericht Nachlassverwaltung oder -insolvenz mangels Masse ab, können Sie als Erben laut § 1990 BGB die Dürftigkeitseinrede (Dürftigkeit der Aktiva) erheben. Sie verweigern dann Zahlungen aus eigenem Vermögen und legen den Ablehnungsbeschluss als Nachweis vor; Nachlassgegenstände sind für die Zwangsvollstreckung bereitzuhalten.
11. Kann man die Erbausschlagung rückgängig machen?
Schnell-Check: Eine Erbausschlagung ist bindend. Anfechtung nur 6 Wochen lang bei beachtlichem Irrtum möglich.
Wer sich einmal entschieden hat, sein Erbe auszuschlagen, kann diese Entscheidung üblicherweise nicht mehr rückgängig machen.
Eine Anfechtung ist jedoch möglich, wenn sich nach der Ausschlagung eine neue Sachlage ergibt. Laut einer Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 01.07.2025 (Az.: 3 W 63/25) ist ein Anfechtungsgrund jedoch nur dann gegeben, wenn Sie sich als Erbe auf faktischer Ebene über die Zusammensetzung des Nachlasses in Bezug auf Aktiva und Passiva geirrt haben. Die rein spekulative Annahme einer Überschuldung reicht nicht aus, um eine wirksame Anfechtung durchzuführen.
Gut zu wissen: Bei unklarer Vermögenslage kann es sinnvoll sein, beim Gericht einen Nachlassverwalter zu bestellen. Dies hat zur Folge, dass Sie als Erbe Schulden des Erblassers nur aus dem Erbe, nicht aber aus Ihrem Privatvermögen begleichen müssen.
Die Anfechtungsfrist beträgt gemäß § 1954 BGB sechs Wochen und beginnt mit dem Zeitpunkt, ab dem der Erbe von der neuen Sachlage erfährt. Liegt dieser Zeitpunkt mehr als 30 Jahre zurück, ist die Anfechtung nach § 1954 Abs. 4 BGB nicht mehr möglich.
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- Erbe annehmen oder ausschlagen?
- Welche Möglichkeiten stehen mir als Erbe eines Hauses zur Auswahl?
Sie erklären die Ausschlagung entweder zur Niederschrift beim Nachlassgericht (zuständig am letzten Wohnsitz des Erblassers) oder notariell, mit anschließender Weiterleitung an das Gericht. Die Erklärung ist frist- und formgebunden, bedingungslos und gilt immer für den gesamten Erbteil (Frist: 6 Wochen, bei Auslandsbezug 6 Monate).
Für Nachlassschulden haften Sie nicht mehr mit eigenem Vermögen. Öffentlich-rechtliche Pflichten (insbesondere die Bestattungspflicht nach Landesrecht) können dennoch bestehen.
Niemand ist zum Ausschlagen verpflichtet. Es handelt sich um ein Recht, nicht um eine Pflicht. Für minderjährige Kinder erklären die sorgeberechtigten Eltern die Ausschlagung in der Regel mit Genehmigung des Familiengerichts.
Die Kosten richten sich nach dem GNotKG und dem Geschäftswert. Beim Gericht fällt typischerweise eine 0,5-Gebühr (mindestens 30 Euro) an. Beim Notar kommt es auf Beglaubigung oder Beurkundung an, jeweils zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer.
Schlägt ein berufener Erbe aus, rückt der Nächste in der gesetzlichen oder testamentarischen Erbfolge nach (sogenannte Kettenausschlagung). Jede Person hat ihre eigene Ausschlagungsfrist, die erst mit Kenntnis der eigenen Berufung beginnt.
In der Praxis benötigen Sie Personalausweis, Sterbeurkunde und einen Erbnachweis (z. B. notarielles Testament mit Eröffnungsprotokoll; vom Erbschein raten viele vor der Entscheidung ab, da sein Antrag als Annahme gelten kann). Bei Minderjährigen kommen Sorgerechtsnachweis und meist die familiengerichtliche Genehmigung hinzu.