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Pflichtteil Erbe: Alle Infos zu Höhe, Verjährung & Pflichtteil einfordern

Das deutsche Erbrecht sieht einen Pflichtteil für enge Angehörige vor. Dieser Anspruch kommt immer dann zum Tragen, wenn der Letzte Wille das Enterben dieser Personen vorsieht. Wir informieren Sie rund ums Thema Pflichtteil und Erbe. Lesen Sie auch unseren kostenlosen Ratgeber "Praxistipps zu Immobilie erben" und erhalten eine nützliche Zusammenfassung aller relevanten Themen und detaillierte Zusatzinformationen.

1. Was bedeutet „Pflichtteil“ und wer ist pflichtteilsberechtigt?

Mit dem Begriff „Pflichtteil“ wird der Erbanteil bezeichnet, auf den Pflichtanteilsberechtigte einen Anspruch haben, wenn sie vom Erblasser enterbt wurden. Eine typische Formulierung im Testament, die das Erbe auf den Pflichtteil reduziert, lautet beispielsweise: „Mein Sohn / meine Tochter X soll mich nicht beerben.“ Auch das Berliner Testament enthält typischerweise eine Formulierung, die das Enterben der Kinder beinhaltet. Sie lautet oftmals: „Wir setzen uns gegenseitig als Alleinerbe ein. Nach unserem Tod sollen unsere Kinder zu gleichen Teilen erben.“ Auch ein Erbvertrag kann einen Anspruch auf den Pflichtteil auslösen, wenn dieser das Enterben vorsieht.

Grafik Pflichtteilberechtigt

Den Pflichtteilsanspruch können gemäß § 2303 BGB ausschließlich folgende Angehörige des Erblassers geltend machen:

  1. Ehegatte
  2. Nachkommen (auch nichteheliche, sofern Vaterschaft anerkannt wurde), also auch Enkel
  3. Eltern

Die gesetzliche Erbfolge setzt also einen engen Rahmen für den Pflichtteil. Dies hat wiederum für die eingesetzten Erben den Vorteil, dass das Erbe beispielsweise nicht um einen Pflichtteil für Geschwister geschmälert wird. Ein Erbe in Höhe des Pflichtteils steht Enkelkindern übrigens nur dann zu, wenn die Kinder des Erblassers bereits verstorben sind. Zudem steht ein Erbe in Höhe des Pflichtteils den Eltern des Erblassers nur zu, wenn dieser kinderlos war.

Achtung!

Vom Pflichtteil können Erben nur dann im Rahmen entsprechender Anordnungen im Testament ausgeschlossen werden, wenn der Erblasser sie aus berechtigtem Grund enterbt hat. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn der an sich Pflichtteilsberechtigte zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Erben, die sich so verhalten, werden gemäß § 2333 BGB als „erbunwürdig“ bezeichnet.

Wichtig zu wissen:

Der Pflichtteil ist nicht mit dem Pflichtteilsergänzungsanspruch zu verwechseln. Dieser kommt immer dann zum Tragen, wenn der Erblasser sein Vermögen bereits zu Lebzeiten ganz oder teilweise im Rahmen einer Schenkung an Kinder oder andere Angehörige übertragen hat. Dieser Weg wird teilweise auch bewusst gewählt, um das Erbe und damit auch den Pflichtteil zu reduzieren. Dem schiebt der Gesetzgeber einen Riegel vor: Der Pflichtteilsberechtigte kann dann einfordern, so gestellt zu werden, als habe es diese Schenkungen nicht gegeben. Dieser Anspruch kann allerdings nur innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung geltend gemacht werden. Die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruches richtet sich gemäß § 2325 Absatz 3 BGB nach dem Zeitpunkt der Schenkung: Pro Jahr, das seit der Schenkung verstrichen ist, reduziert sich der Anspruch um zehn Prozent.

2. Wie wird der Pflichtteil berechnet? Wie hoch ist er?

Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbanteils. Wie hoch er ausfällt, hängt davon ab, wie viele Miterben es gibt und in welcher Beziehung Erblasser und Pflichtteilsberechtigte zueinander standen. Wurden beispielsweise die beiden Kinder enterbt und galt für die Ehe der Güterstand der Zugewinngemeinschaft stünde jedem Kind ein Achtel des Nachlasses zu. Dies ergibt sich daraus, dass sie bei diesem Güterstand ohne Enterben jeweils ein Viertel des Vermögens erhalten würden.

Relation der Pflichtteilsquote vom ehelichen Güterstand und der Anzahl der Kinder des Erblassers

Güterstand Pflichtteilsquote pro Kind, wenn der Erblasser verheiratet war Pflichtteilsquote des  Ehegatten, neben den Kindern
Zugewinngemeinschaft 1/4 bei einem Kind 1/8 bei zwei Kindern 1/12 bei drei Kindern 1/8
Gütergemeinschaft 3/8 bei einem Kind 3/16 bei zwei Kindern 3/24 bei drei Kindern 1/8
Gütertrennung 1/4 bei einem Kind 1/6 bei zwei Kindern 1/8 bei drei Kindern 1/4 bei einem Kind 1/6 bei zwei Kindern 1/8 bei 3 Kindern und mehr

Wie hoch der Wert des Pflichtteils ist, hängt von der Höhe des so genannten Nettonachlasses ab, der auch als Reinnachlass bezeichnet wird. Dieser ergibt sich aus dem Nachlasswert abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten. Der so ermittelte Betrag wird mit der Quote multipliziert, die für den Erbteil gilt. Bei Immobilien ist dabei auf den Wert abzustellen, der dem Verkaufserlös zum Todestag entspricht. Dabei haben die Erben auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten den Wert mit Hilfe eines Gutachtens durch einen Sachverständigen zu ermitteln. Die Kosten hierfür werden aus dem Nachlass beglichen.

Die eine Hälfte des ermittelten Pflichtteils steht dem Enterbten zu, der diesen einfordert. Die andere geht an den Erben, dem dieser Anteil zustünde, wenn der Enterbte nicht gelebt hätte. Im genannten Beispielfall würde sich für die Eltern des Erblassers das Erbe um den Pflichtteil der Kinder erhöhen.

3. Das Immobilienerbe ausschlagen – trotzdem pflichtteilsberechtigt?

Pflichtteil einfordern

Das Erbe ausschlagen und trotzdem den Pflichtteil einfordern – das geht normalerweise nicht. Es gibt jedoch zwei Ausnahmen:

Der Ehegatte bei Zugewinngemeinschaft

Bestand während der Ehe der Güterstand der Zugewinngemeinschaft und ist das Anfangsvermögen des Erblassers sehr hoch, kann es für den Ehegatten unter Umständen vorteilhaft sein, das Erbe auszuschlagen und stattdessen den Zugewinnausgleich sowie den so genannten kleinen Pflichtteil geltend zu machen. Der Grund: In solchen Fällen kann es sein, dass der Zugewinnausgleich einschließlich des so genannten kleinen Erbteils zu einem höheren Anspruch des Ehegatten führt. Dies ist immer dann gegeben, wenn der Zugewinn höher ist als das pauschal hierfür angesetzte Viertel des Vermögens, um das sich der gesetzliche Erbteil des Ehegatten normalerweise beim Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhöht. Der kleine Erbteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils und liegt somit bei einem Viertel. (Siehe auch: 1371 Absatz 3 BGB)

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Der beschränkte oder beschwerte Erbe

Ein nicht enterbter Pflichtteilsberechtigter darf dann sein Erbe ausschlagen und stattdessen seinen Pflichtteil fordern, wenn mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwert ist oder durch eine Teilungsanordnung, eine Anordnung einer Testamentsvollstreckung, die Einsetzung eines Nacherben oder als Nacherbe beschränkt wurde. (Siehe auch: § 2306 BGB)

In der Regel ist es sinnvoll, das Erbe auszuschlagen, wenn der Wert des Nachlasses abzüglich der Belastungen in etwa dem Pflichtteil entspricht oder niedriger ausfällt. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn Sie eine Immobilie erben, die noch mit hohen Grundschulden belastet und in einem sanierungsbedürftigen Zustand ist. Hier ist zu beachten, dass das Erbe lediglich innerhalb einer Frist von sechs Wochen ausgeschlagen werden kann.

4. Enterbt! Hat man dennoch Anspruch auf einen Pflichtteil?

Wer enterbt wurde, hat zwar Anspruch auf den Pflichtteil, doch dieser muss von den Erben eingefordert werden. Es ist also keineswegs so, dass das Nachlassgericht automatisch für die Auszahlung des Pflichtteils sorgt. Zudem sollte gegebenenfalls auch geprüft werden, inwieweit die Enterbung rechtmäßig ist. In folgenden Fällen ist dem nicht so:

  • Das Testament ist unwirksam
  • Der Erblasser war nicht (mehr) testierfähig
  • Irrtum oder Drohung
  • Testament verstößt gegen geltendes Recht

5. Wie fordert man den Pflichtteil ein?

Wer enterbt wurde und seinen Pflichtteil einfordern will, muss seine Ansprüche geltend machen – und zwar in Form eines Schreibens. Ein Anwalt ist hierfür nicht erforderlich. Um sich eine genauere Vorstellung von dem Inhalt eines solchen Schreibens machen zu können, haben wir ein PDF-Musterschreiben für Sie erstellt und zum kostenlosen Download bereitgestellt.

Das Schreiben muss nicht nur die Bankverbindung des Pflichtteilsberechtigten enthalten, sondern auch die Höhe des Pflichtteilsanspruchs enthalten. Gemäß § 2314 BGB sind die Erben verpflichtet, dem Pflichtteilsberechtigten Auskunft zu erteilen und ein Nachlassverzeichnis vorzulegen. Es ist sinnvoll, zunächst die Auskünfte zum Nachlass von den Erben anzufordern und dann den Anspruch geltend zu machen, damit dieser genau beziffert werden kann.

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Zahlen die Erben den Pflichtteil nicht aus, muss der Pflichtteilsberechtige Klage einreichen. Verzögert sich die Auszahlung, kann der Pflichtteilsberechtigte Verzugszinsen in Rechnung stellen, die fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz liegt. Dieser beträgt derzeit -0,88 Prozent (Stand Dezember 2021).

6. Ist der Pflichtteilsanspruch erbschaftsteuerpflichtig?

Der Pflichtteilsanspruch unterliegt wie ein reguläres Erbe der Erbschaftsteuer. Anders als beim klassischen Erbfall wird die Erbschaftsteuer aber nicht mit dem Erbfall fällig, sondern gemäß § 9 Absatz 1 Nr. 1b ErbStG erst dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch geltend macht.

Achtung!

Es kann passieren, dass das Finanzamt die Erbschaftsteuer fordert und der Erbe seiner Zahlungsverpflichtung noch nicht nachgekommen ist. Pflichtteilsberechtigte sollten diesen Aspekt beachten und gegebenenfalls Vorsorge für diesen Fall treffen, um ihrer Verpflichtung gegenüber dem Finanzamt nachkommen zu können.

Erbschaftssteuer fällt übrigens auch dann an, wenn sich der Pflichtteilsberechtigte mit dem Erblasser auf einen Pflichtteilsverzicht mit Abfindungszahlung einigt. Schenkungssteuer fällt an, wenn der Pflichtteil im Rahmen einer Schenkung überschrieben wurde.

7. Ist der Pflichtteil pfändbar?

§ 2317 Absatz 2 BGB sieht vor, dass der Pflichtteilsanspruch übertragen werden kann. Somit können auch Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten den Anspruch pfänden. Allerdings entscheidet der Pflichtteilsberechtigte darüber, ob er seinen Anspruch geltend machen will oder nicht. Unterlässt er dies, gehen die Gläubiger leer aus.

8. Ist der Pflichtteil vererblich?

Für den Fall, dass der Pflichtteilsberechtigte stirbt, sieht das Erbrecht vor, dass sein Erbe den Pflichtteil gegenüber dem Erben des vorherigen Erblassers geltend machen kann. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn die Frist für die Geltendmachung des Anspruchs noch nicht abgelaufen ist.

9. Verjährung und Fristen des Pflichtteils

Verjährung Pflichtteil

Wer seinen Pflichtteil geltend machen will, muss dies innerhalb einer Verjährungsfrist von drei Jahren tun. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der Pflichtteilsberechtigte vom Eintritt des Erbfalls und seiner Enterbung erfährt. Sind seit dem Tod des Erblassers mehr als 30 Jahre verstrichen und erfahren Pflichtteilsberechtigte erst dann von diesem Sachverhalt, können sie keinen Anspruch mehr geltend machen.

Eine weitere wichtige Frist: Fordern Pflichtteilsberechtigte ihren Pflichtteil ein, beginnt die Auszahlungsfrist für die Erben gemäß § 2317 Absatz 1 BGB sofort mit dem Erbfall. Verzugszinsen dürfen von den Pflichtteilsberechtigten erst mit dem Zugang einer Mahnung gefordert werden.

10. Hier das Wichtigste zum Pflichtteil auf einem Blick!

Die wichtigsten Aspekte zum Pflichtteil in Kürze:

  • Der Pflichtteil kann nur von Pflichtteilsberechtigten gefordert werden.
  • Diese müssen enterbt worden sein.
  • Die Erben müssen den Pflichtteil an den Pflichtteilsberechtigten auszahlen – und zwar als Geldbetrag. Das kann beispielsweise bei einer Immobilie problematisch sein, wenn diese verkauft werden muss, falls der sonstige Nachlass nicht ausreicht, um den Pflichtteil zu zahlen.
  • Die Frist für die Auszahlung des Pflichtteils beginnt laut § 2317 BGB sofort nach dem Tod des Erblassers.
  • Wurde das Erbe durch Schenkungen reduziert, können Pflichtteilsberechtigte einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen.
  • Der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt drei Jahre nach dem Tod des Erblassers.
  • Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

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