Spektakuläre Urteile zum Widerrufsrecht: Zwei OLG erklären Baufinanzierungen für fehlerhaft
Die Oberlandesgerichte in Nürnberg und Karlsruhe haben mit brisanten Urteilen zum Widerrufsrecht bei Kreditverträgen gleich zwei Immobilienfinanzierungen von 2011 für fehlerhaft erklärt. Die Darlehensnehmer dürfen nun aus ihren Kreditverträgen aussteigen, obwohl die Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Mustertexten entspricht. Was für die Kläger gilt, kann nun zu Nachahmungen von zahlreichen, weiteren Verbrauchern führen, denn die Urteilsbegründung ist sehr weitreichend.
Nürnberger Richter erklären Widerrufsbelehrung für nichtig
Bereits im Juli hatte das OLG Nürnberg einen Kreditvertrag aus dem November 2011 behandelt. Dieser schien zunächst vollständig, doch die Richter störten sich an der gesetzlich einzuhaltenden Widerrufsbelehrung, welche richtigerweise im Darlehensvertrag vorhanden war. Im darauffolgenden Urteil heißt es, dass diese Belehrung unklar formuliert ist und den Kunden vor unverständliche Hürden stellt, wenn es beispielsweise um die Widerrufsfrist geht. Das OLG bewertet dieses somit als unzumutbar, was den Kreditnehmer dazu berechtigt aus dem Vertrag auszusteigen.
Wirtschaftliche Konsequenzen: Zahlreiche Widerrufungen könnten folgen
Das OLG Karlsruhe hatte einige Wochen zuvor ähnlich entschieden – die Formulierung der Widerrufsbelehrung sei für die Verbraucher zu unverständlich. Im Rahmen der Debatte zum sogenannten Widerrufsjoker, ergibt sich nun eine spektakuläre Wendung: Die Mehrheit der Baufinanzierungen die nach 2010 abgeschlossen wurden, könnten seitens der Verbraucher widerrufen werden. Die wirtschaftlichen Folgen wären immens: Im Zeitraum von 2010 bis 2013 lag der durchschnittliche Hypothekenzins bei vier Prozent – heute liegt er bei lediglich einem Prozent. Experten raten betroffene Verbraucher dazu, den Vertrag anwaltlich prüfen zu lassen. Denn die jüngsten Urteile könnten es Kreditnehmern erlauben, aus zu teuren Hausfinanzierungen oder Wohnungsfinanzierungen auszusteigen.