Hauskauf: Wenn die Immobilie versteckte Mängel hat
Ricarda Breiholdt, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, klärt im Interview über den Umgang mit Mängeln beim Immobilienverkauf auf.
immoverkauf24: Frau Breiholdt, wenn Bestandsimmobilien verkauft werden, dann haben die natürlich auch mal Mängel. Aber welche Mängel muss der Käufer bei einer Immobilie hinnehmen und welche kann er beanstanden oder sogar vom Kauf zurücktreten?
Ricarda Breiholdt: Bei älteren, gebrauchten Häusern sind die im Baujahr geltenden Bauvorschriften wesentlich. So kann etwa bei Immobilien, die vor 1920 erstellt wurden, nicht ohne weiteres erwartet werden, dass eine wirksame Horizontalsperre als Schutz gegen Feuchtigkeit eingebaut wurde. Das war damals einfach noch nicht üblich. Stellt dann der Käufer eines solchen Hauses fest, dass Feuchtigkeit vom Boden ins Mauerwerk aufsteigt, sind für eventuelle Ansprüche der Wissenstand und die Zusicherungen des Verkäufers ausschlaggebend: Hat er von den Mängeln gewusst oder nicht oder hat er wider besseren Wissens Behauptungen aufgestellt?
Grundsätzlich kann man zwischen offenen, versteckten und arglistig verschwiegenen Mängeln unterscheiden:
- Offene Mängel – etwa Risse in der Fassade – sind für den Immobilienkäufer sofort erkennbar.
- Versteckte Mängel sind hingegen nicht gleich ersichtlich und stellen sich oft erst nach Kauf des Hauses heraus – das kann z.B. ein feuchter Keller sein.
- Ein versteckter Mangel gilt als arglistig verschwiegen, wenn er dem Verkäufer bekannt war und er diesen dem Käufer des Hauses bewusst verheimlicht hat. Und auch wenn der Verkäufer Angaben „ins Blaue hinein“ macht und mit der möglichen Unrichtigkeit seiner Angaben rechnet, kann das als Arglist beim Hausverkauf gewertet werden.
In der Regel werden Immobilien unter Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen verkauft, d.h. Haus oder Wohnung werden “wie gesehen verkauft”, damit sichert der Verkäufer sich wirtschaftlich gegen "das Einstehenmüssen für eine mangelhafte Leistung" ab. Verschweigt der jedoch wesentliche Mängel arglistig, kann das zur Rückabwicklung des Kaufvertrages führen und obendrein zu einer Schadensersatzklage. Dafür müssen die Immobilienkäufer dem Verkäufer jedoch nachweisen, dass er von dem Mangel am Haus gewusst hat.
Wenn Verkäufer Mängel bewusst verschweigen, kann das zur Rückabwicklung des Hauskaufs und zu Schadensersatzklagen führen
Solche Rechtsstreitigkeiten beim Hauskauf bzw. Verkauf sind übrigens stets Einzelfallentscheidungen, da sowohl Alter, Erhaltungszustand und Bauqualität bei jeder Immobilie unterschiedlich sind. Gleiches gilt für den Kenntnisstand des Verkäufers.
immoverkauf24: Wie weit geht die Aufklärungspflicht des Verkäufers? Muss er über jeden kleinen Mangel bei einer Immobilie aufklären?
Ricarda Breiholdt: Bei gebrauchten Immobilien ist von einem normalen Abnutzungszustand unterschiedlicher Stärke je nach Alter auszugehen, das betrifft besonders elektrische Leitungen, Dacheindeckung, Heizungsanlage & Co. Über solche muss der Verkäufer nicht gesondert aufklären, denn sie sind erwartbar. Anders verhält es sich mit Mängeln wie Schwamm, Hausbock oder Altlasten – darüber wird er vor dem Immobilienverkauf aufklären müssen. Ob auf Kellerfeuchtigkeit bei sehr alten Häusern wegen mangelnder Kellerabdichtung hingewiesen werden sollte, hängt von den Umständen und dem Ausmaß der Feuchtigkeit ab. Dem Käufer ist zu raten: Spielt die Trockenheit des Kellers für ihn eine Rolle, sollte er sich dies im Kaufvertrag zusichern lassen.
immoverkauf24: Welche Pflichten haben die Käufer, Informationen einzuholen?
Ricarda Breiholdt: In einem vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelten Fall – es ging um einen Hausverkauf – stellte der Käufer einige Zeit nach der Kaufabwicklung fest, dass die Kosten für die Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden wesentlich höher ausfielen als zunächst gedacht. Bei den Besichtigungen vor dem Immobilienkauf hatten die Parteien über die Flecken im Keller gesprochen und der Verkäufer hatte plausibel klingende Vermutungen über die Ursachen geäußert – der Käufer hatte sich damit zufriedengegeben. Nun waren die Schäden jedoch umfangreicher als gedacht, die Kosten für die Beseitigung deshalb höher, und deshalb stellte der Käufer Schadensersatzansprüche. Die BGH-Richter wiesen die Klage jedoch ab (Urteil vom 16.03.2012 - V ZR 18/11). Die Begründung: Der Käufer könne keine Aufklärung erwarten, da er diesen Mangel bei gebotener Sorgfaltspflicht selbst wahrgenommen haben könnte. In diesem Fall verweist der BGH also ganz klar auch auf die Pflicht von Käufern, selbst Informationen einzuholen und sich nicht auf die Vermutungen des Verkäufers über die Ursachen von Schäden zu verlassen. Denn macht der Verkäufer gutgläubig falsche Angaben, ist sein Verhalten nicht als arglistig zu werten.
Käufer sollten Fragen stellen und sich die Beschaffenheit der Immobilie im Kaufvertrag zusichern lassen
Ergo: Käufer sollten selbst Fragen zu der Beschaffenheit der Immobilie, Funktionstüchtigkeit bzw. Wartung der Heizungsanlage, zu Trockenheit und Reparaturen stellen und sich im Kaufvertrag eine bestimmte Beschaffenheit zusichern lassen. Dazu gehört auch das Vorliegen von Baugenehmigungen insbesondere für An- und Ausbauten.
immoverkauf24: Gibt es Fristen für einen Rücktritt vom Kauf durch den Verkäufer?
Ricarda Breiholdt: Da die neuen Eigentümer Mängel häufig erst nach Einzug in die Immobilie feststellen, können sie auch Monate nach Abschluss des Kaufvertrags einen Rücktrittswunsch begründen und den Rücktritt erklären.
immoverkauf24: Noch einmal zum Nachweis, dass ein Verkäufer arglistig gehandelt hat – ist der für den Käufer nicht sehr schwierig zu erbringen?
Ricarda Breiholdt: Das ist in der Tat schwierig. Gelingen kann eine Beweisführung aber etwa durch Zeugenaussagen, wenn Nachbarn oder frühere Mieter des Hauses dem Käufer mitteilen, dass dem Verkäufer die Mängel bekannt waren bzw. bekannt sein mussten. Unter Umständen kann sich auch anhand von Schriftstücken ergeben, dass der Verkäufer schon vor dem Verkauf von den Mängeln Kenntnis hatte.
immoverkauf24: Wie ist es mit den Angaben im Exposé – kann ein Käufer sich auch auf diese berufen, wenn er glaubt, über den Zustand einer Immobilie falsch informiert worden zu sein?
Ricarda Breiholdt: Ja, zu den Angaben über die Beschaffenheit der Immobilie gehört auch das Exposé, ganz gleich, ob dieses vom Makler oder Eigentümer verfasst wurde. Das hat der BGH jüngst in einem Urteil (19.01.2018; V ZR 256/16) bekräftigt. In dem Fall wollte der Käufer eines Hauses, in den 50er Jahren erbaut, eine Rückübereignung gegen Zahlung des Kaufpreises erreichen. Nach der Kaufabwicklung hatte auch er Feuchtigkeitsflecken im Keller festgestellt – das ist ein häufiger Streitgrund. Dieser Mangel war zuvor nicht ersichtlich, weil der Verkäufer vor der Besichtigung die Kellerwände mit weißer Farbe überstrichen hatte und so den Eindruck erweckt, dass der Keller trocken sei. Im Kaufvertrag war der Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart. Das OLG Oldenburg verneinte einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages trotz dieser Umstände zunächst. Die Begründung: Die im Keller vorhandene Feuchtigkeit stelle keinen Mangel dar, da Kellerräume von in den 50er Jahren errichteten Gebäuden regelmäßig feucht seien. Die Verkäufer hätte zwar eine arglistig Täuschung begangen. Daraus ergäbe sich aber – auch wegen des Ausschlusses der Gewährleistungsansprüche – kein Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages.
Die Inhalte des Exposés gehören zu den verbindlichen Aussagen über die Immobilie, auf die sich der Käufer berufen kann
Dem widersprach jedoch der BGH: Der Käufer habe doch einen Anspruch auf Rückabwicklung. Und zwar deshalb, weil zur Beschaffenheit der Immobilie auch Eigenschaften gehören, die der Käufer durch öffentliche Äußerungen des Verkäufers oder seiner Gehilfen erwarten kann. Darunter fällt eben auch das vom Makler erstellte Exposé – und in dem war der Keller des Hauses als trocken ausgewiesen. Und auch der Haftungsausschluss stehe dem Anspruch auf Rückübereignung nicht entgegen, da die Verkäufer arglistig getäuscht haben.