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100-Prozent-Finanzierungen – was sind die Risiken?

Finanzierung 01.08.2019 Stefanie Baum
100-Prozent-Finanzierungen

Stefanie Baum, Sparkassenbetriebswirtin und Expertin für Kapitalanlagen und Finanzierungen, klärt im Interview über 100-Prozent-Finanzierungen auf: Was mit 100 Prozent eigentlich gemeint ist, wann eine Immobilienfinanzierung teuer werden kann und wie Banken die Risiken bei der Finanzierung abschätzen.

Immoverkauf24: Frau Baum, was bedeutet eigentlich “100-Prozent-Finanzierung“?

Stefanie Baum: Laien glauben häufig, dass damit die Finanzierung aller beim Kauf anfallenden Kosten gemeint ist. Das stimmt jedoch nicht. Denn wenn Banken eine 100-Prozent-Finanzierung gewähren, dann meinen sie den Kaufpreis der Immobilie, nicht aber die Kaufnebenkosten.

Immoverkauf24: Mit welchen Ausgaben müssen Käufer für die Nebenkosten rechnen?

Stefanie Baum: 10 bis 15 Prozent vom Kaufpreis kommen für die Nebenkosten noch einmal hinzu, je nachdem, wie hoch die Grunderwerbsteuer, die Notar- und Amtsgerichtskosten und die Maklercourtage regional ausfallen oder ob noch Renovierungskosten anfallen.

Immoverkauf24: Hat die Vergabe von Vollfinanzierungen in den letzten Jahren zugenommen?

Stefanie Baum: Ja, solche Kredite wurden in den vergangenen Jahren tatsächlich häufiger vergeben, und sie werden voraussichtlich auch immer häufiger vorkommen. Die Nachfrage nach Vollfinanzierungen ist groß, da immer mehr Menschen mit dem vorhandenen Eigenkapital nur noch die Nebenkosten decken können. Grund hierfür sind die gestiegenen Immobilienpreise und Kaufnebenkosten.

Wegen der hohen Immobilienpreise können immer mehr Menschen nur noch die Nebenkosten selbst aufbringen

Immoverkauf24: Und die Lehre, dass Käufer über mindestens 20 Prozent Eigenkapital verfügen sollten – bezieht sich das auf den reinen Kaufpreis oder auf die Gesamtkosten beim Immobilienkauf?

Stefanie Baum: Das bezieht sich auf die Gesamtkosten des Immobilienkaufs. Und auch heute raten die Banken noch zu einem Eigenkapitalanteil von 20 bis 30 Prozent. Denn die günstigen Kreditkonditionen der Banken beziehen sich in der Regel auf einen guten Beleihungsauslauf. Gemeint ist damit ein Eigenkapitalanteil, der 20 Prozent des Kaufpreises abdeckt und die Kaufnebenkosten. Mit steigender Fremdfinanzierung gehen auch die Zinsen für die Verbraucher in die Höhe.

Immoverkauf24: Man kann also auch Finanzierungen abschließen, die über 100 Prozent hinausgehen?

Stefanie Baum: Ja, das ist durchaus möglich. Jedoch nur für Kreditnehmer, deren Bonität das zulässt und die zusätzliche Sicherheiten stellen können. Denn eine Finanzierung, die über 100 Prozent hinausgeht und bei der auch die Nebenkosten finanziert werden müssen, stellt ein höheres Risiko für die Banken dar. Die Zinsen steigen dann an, somit sind die Raten höher und evtl. fordern die Banken auch eine schnellere Rückzahlung.

Immoverkauf24: Das heißt, 100-Prozent- und höhere Finanzierungen sind mit höheren Zinsen verbunden. Deutlich höher als bei den idealen Finanzierungskonstellationen?

Stefanie Baum: Im Vergleich zu den Zeiten vor der Niedrigzinsphase, vor rund 10 Jahren also, ist der Zinssatz bei 100-Prozent-Finanzierungen immer noch günstig. Deshalb werden sie ja auch so stark nachgefragt. Bei den tatsächlichen monatlichen Belastungen machen sich aber auch vergleichsweise geringe Veränderungen des Zinssatzes bemerkbar.

Tatsächlich wird es häufig deutlich teurer für Kreditnehmer, die neben dem gesamten Kaufpreis auch noch die Nebenkosten finanzieren, und zwar durch einen weiteren Kredit. Das geschieht häufig durch einen Raten-Kredit – und dabei können dann schon mal 5 Prozent Zinsen anfallen.

So können sich die Zinsen bei unterschiedlichem Eigenapitalanteil verändern: drei Beispiele

Nehmen wir als Beispiel eine Doppelhaushälfte in guter Lage in Bremen, die 400.000 Euro kostet. Hinzu kommen ca. 50.000 Euro Nebenkosten für Maklerprovision, Grunderwerbsteuer und Notarkosten und Grundbuchkosten. Die Tilgungsrate liegt bei 2,5 Prozent, damit hat die Gesamtfinanzierung eine Laufzeit von 34 Jahren.

Beispiel 1: Die Käufer können 130.000 Euro Eigenkapital einbringen. Sie verfügen also über das Kapital für die Nebenkosten, also 50.000 Euro, und 20 Prozent des Kaufpreises, nämlich 80.000 Euro. Gute Voraussetzungen also für günstige Konditionen, so dass 0,92 Prozent Zinsen* realistisch sind. Daraus kann sich dann eine monatliche Rate von ca. 920 Euro ergeben.

Beispiel 2: Bei einer 100-Prozent-Finanzierung liegt nur das Kapital für die Nebenkosten in Höhe von 50.000 Euro vor. Dann kann der Zinssatz beim gleichen Objekt auf 1,1 Prozent* steigen, das entspricht dann einer monatlichen Rate von 1.170 Euro.

Beispiel 3: Müssen die Käufer den Kaufpreis und einen Teil der Nebenkosten finanzieren, also etwa einen Kreditbetrag von 420.000 Euro aufnehmen, dann können die Zinsen auf ca. 1,68 Prozent* steigen. Das bedeutet für die Käufer eine monatliche Rate von 1.680 Euro – und damit eine deutlich gestiegene Belastung.

*Bei den Zinssätzen handelt es sich um Mischkalkulationen.

Wie die Raten bei einem vergleichbar teuren Objekt tatsächlich ausfallen, ist natürlich auch von den individuellen Bedingungen des Kreditnehmers abhängig. Die Beispiele sollen verdeutlichen, wie eine mögliche Zinssteigerungen abhängig vom Eigenkapital ausfallen kann.

Wird nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die Nebenkosten finanziert, steigen die Zinsen drastisch

100-Prozent-Finanzierungen_2

Generell kann man sagen: Solange sich die Finanzierung auf den Kaufpreis beschränkt, sind die Zinsänderungen meist überschaubar und eine 100-Prozent-Finanzierung für viele Verbraucher machbar. Deutlich teurer wird es aber dann, wenn Kunden diese 100-Prozent-Hürde überschreiten.

Immoverkauf24: Welche Faktoren sind außerdem wesentlich für die Höhe der Kreditzinsen?

Stefanie Baum: Neben der Höhe des Eigenkapitals spielen die Höhe der Kreditsumme und die Länge der Laufzeit natürlich eine Rolle. Aber auch das Risiko, das die Bank bei Verleihung eines Betrages hat: Je höher die Kreditausfall-Wahrscheinlichkeit, desto höher die Zinsen. Um das Risiko einzuschätzen, werden heute sogenannte Rating-Noten vergeben: Es gibt ein Objekt-Rating, dabei spielt die Werthaltigkeit einer Immobilie und ihre voraussichtliche Entwicklung eine Rolle. Außerdem gibt es ein Kunden-Rating, auch Bonitätsscore genannt, das die Wirtschaftskraft des Kreditnehmers erfasst. Ein Teil dessen ist die Höhe des Eigenkapitals.

Immoverkauf24: Und wie wird dieser Bonitätsscore von Kreditnehmern erhoben?

Stefanie Baum: Man unterscheidet unterschiedliche Arten von Scorewerten: Zum einen gibt es von Unternehmen ermittelte Werte, die diese auf Basis von eigenen Kundendaten errechnen. Zum anderen greifen Unternehmen wie Kreditinstitute auch auf externe Daten zurück, wie sie z.B. die Schufa, Creditreform und weitere sogenannte Wirtschaftsauskunfteien berechnen. Personenbezogene Scorewerte ergeben sich also aus einer Vielzahl von Verbraucherdaten, darunter Personendaten, Zahlungsverhalten, Inkasso- und Gerichtsdaten. Auf Basis dieser Gesamtschau berechnen die Kreditinstitute dann die Rückzahlungswahrscheinlichkeit eines Verbrauchers.

Für die Finanzierungsentscheidung brauchen Kreditinstitute jedoch weitere Daten, z.B. das Objekt-Rating, das eine Aussage zu der Immobilie ermöglicht. Dazu werden etwa Daten wie das PLZ-Gebiet, das Baujahr, die Beschaffenheit, der Sanierungsstand und weitere Daten der Immobilie herangezogen. Zusammen mit dem Kunden-Rating ermittelt sich daraus dann der jeweilige Zinssatz.

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