Commerzbank: Häuserpreise sind zu hoch
Die Preise für Häuser und Wohnungen liegen im Durchschnitt um rund zehn Prozent über dem als angemessen zu bezeichnenden Niveau. Das haben die Wirtschaftsforscher der Commerzbank anhand eines neu entwickelten Bewertungsmodells ermittelt, welches in einer aktuellen Studie vorgestellt wird. Das Konzept zur Ermittlung der sachlich gerechtfertigten – von der Commerzbank als „fair“ bezeichneten - Häuserpreise basiert stark vereinfacht dargestellt darauf, die realen Immobilienpreise in Beziehung zu volkswirtschaftlichen Daten wie dem realen verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen, der Arbeitslosenquote und dem Anteil der 25- bis 45-jährigen an der Gesamtbevölkerung zu setzen.
Im dritten Quartal des vergangenen Jahres lagen die Preise für Wohnimmobilien mehr als sechs Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Dies entspreche dem stärksten Preisanstieg seit 25 Jahren, berichten die Analysten. Für das vierte Quartal 2016 erwarten sie einen ähnlich starken Anstieg. Wie das neu entwickelte Modell zeige, seien die Häuserpreise spätestens seit 2011 schneller gestiegen als dies – gemessen an der Entwicklung der Einkommen, der Zinsen, der Baukosten und der demographischen Entwicklung -gerechtfertigt gewesen wäre. Dabei habe es sich zunächst um die Korrektur einer zuvor entstandenen Unterbewertung gehandelt, doch seit Anfang 2015 stiegen die Kaufpreise in immer größerem Ausmaß über das faire Niveau hinaus, berichten die Analysten. Damit verlaufe die derzeitige Boomphase anders als die vorangegangenen, da es dem neuen Modell zufolge früher keine nennenswerten Übertreibungen gegeben habe.
Laut Commerzbank steigen die fairen Immobilienpreise seit rund zehn Jahren, im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre sei der faire Preiszuwachs mit 1,5 Prozent per anno deutlich verhaltener als in den früheren Boomphasen. Dies führen die Analysten auf die deutlich geringere Inflation bei den Verbraucherpreisen, aber auch auf den vergleichsweise niedrigen Anstieg der Einkommen zurück. Auch die demographische Entwicklung mit einem zurückgehenden Anteil der 25- bis 45-Jährigen an der Gesamtbevölkerung habe einen stärkeren Preisanstieg verhindert. Für dieses und das kommende Jahr werde der Anteil dieser Bevölkerungsgruppe jedoch wieder leicht zunehmen, zudem werde die Teuerungsrate wohl langsam anziehen.
Preise steigen stärker als es angemessen wäre
Gegenüber dem als fair bezeichneten Preisanstieg von durchschnittlich 1,5 Prozent per anno fällt der über die vergangenen drei Jahre gemessene durchschnittliche Anstieg mit 4,5 Prozent deutlich höher aus und ist damit laut Commerzbank höher, als er gerechtfertigt wäre. Dies sei nicht auf den niedrigen Realzins zurückzuführen, da dieser bereits im Modell berücksichtigt werde. Die Diskrepanz zwischen tatsächlichem und angemessenem Preisanstieg führen die Analysten darauf zurück, dass das Analysekonzept unter anderem das Unbehagen vieler Deutscher über die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) außen vor lässt, die langfristig zu einer hohen Inflation führen könnte. Auch die Währungsunion werde vielfach skeptisch betrachtet, was die Nachfrage nach Betongold weiter befeuere.
Der anhaltende Immobilienboom könnte nach Einschätzung der Commerzbank-Analysten nur durch einen spürbaren Anstieg der Zinsen beendet werden, der bislang jedoch nicht in Sicht sei. Daher ist laut Studie weiterhin mit steigenden Immobilienpreisen zu rechnen. Derzeit sehen die Autoren der Studie zwar unter anderem aufgrund des moderaten Anstiegs der Verschuldung privater Haushalte noch keine Anzeichen für eine besorgniserregende Entwicklung auf dem Immobilienmarkt. Doch je länger der Boom anhalte, desto größer werde die Gefahr, dass massive Übertreibungen die deutsche Wirtschaft stark belasten, heißt es im Marktbericht.